Die Kunst der Jojo Liebe
Interview mit der Rheinischen Post vom Donnerstag, dem 1. November 2018
VON JÖRG ISRINGHAUS
DÜSSELDORF „Alte Liebe rostet nicht" — diese Lebensweisheit nehmen viele Paare wörtlich. Landen doch viele Singles wieder bei dem Partner, von dem sie sich getrennt hatten. Um dann irgendwann resigniert festzustellen, dass auch das zweite Mal so seine Tücken hat. Wie das Ehepaar Bettina und Christian Wulff, das 2013 nach fünfjähriger Ehe die Scheidung eingereicht hatte, 2015 wieder zusammengekommen war und nun erneut die Trennung verkündete. Aber nicht jede Beziehung mit dem oder der Ex ist von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Es kommt, wie so oft, auf die Umstände an.
Bei Stefan und Claudia Effenberg hat es funktioniert, bei Miley Cyrus und Liam Hemsworth und bei Kate und William ebenfalls - alle drei Paare haben ein zeitweiliges Liebes-Aus in eine neue, bislang erfolgreiche Liaison verwandelt. Grundsätzlich, sagt die Düsseldorfer Psychologin Susanne Altweger, ist eine erneute Partnerschaft mit dem Ex genauso erfolgversprechend wie eine frische Liebe. „Jede Beziehung ist fragil, ob neu oder erneut verliebt", sagt Altweger, „Gefühle haben wir einfach nicht zu 100 Prozent unter Kontrolle. Das kann jederzeit vorbei sein."
Immerhin denkt laut einer britischen Studie ein Viertel aller geschiedenen Paare daran, wieder zusammen zu kommen, und rund zwölf Prozent setzen dies tatsächlich um. Der Vorteil: Die Partner kennen sich, wissen, was sie erwartet und wie es ist, ohne den anderen zu leben. „Beziehungen, die wieder erneut aufgenommen werden, verlaufen stabiler. Dies hat damit zu tun, dass sich beide Partner vorher viele differenzierte Gedanken dazu machen, wie es wohl wäre und sein könnte, mit der alten Beziehung fortzufahren", sagt der Bonner Paartherapeut Xaver Büschel. Doch die gemeinsame Vergangenheit kann auch eine Bürde sein. „Die Hauptschwierigkeit besteht darin, nicht wieder in die alten Fallen zu tappen", sagt Altweger. So würden viele Paare schnell wieder in bekannte Muster verfallen und damit Verhaltensweisen befördern, die schon mal zum Bruch geführt hatten. Dabei sei das Alter der Neuverliebten nicht ganz unwichtig. Altweger. „Bei den Jungen ist die Toleranz gegenüber Fehlern höher als im fortgeschrittenen Alter. "
Ebenfalls schwierig: Wenn Kinder der einzige Grund sind, eine Liebe wieder aufleben zu lassen. „Das funktioniert nicht", sagt Altweger, „weil die Macken des Partners genauso wie früher zutage treten ". Die Psychologin empfiehlt stattdessen einen ehrlichen Umgang miteinander, was die Fehler der Vergangenheit angeht. Hilfreich könne es auch sein, bei einer Reunion mit dem Ex sogar räumlich etwas Distanz zu wahren, also etwa in getrennten Wohnungen zu leben. Viele alltägliche
Reibungspunkte würden damit wegfallen, die Beziehung sich auf die gemeinsamen Interessen konzentrieren. Kompliziert werde es, wenn die Lebensentwürfe zu weit auseinandergedriftet seien, etwa durch eine zu lange Trennungsphase.
Auch die Umstände der Trennung beeinflussen eine spätere Beziehung sagt die Psychologin. Ein Seitensprung etwa könne vom Partner als Drohmittel benutzt werden und den anderen in die Rolle des „Bösen" drängen - keine gesunde Ausgangslage für eine dauerhafte Partnerschaft. Besser seien die Ausgangsbedingungen, wenn man respektvoll auseinandergegangen sei oder die Gründe anderweitiger Natur waren, etwa eine Fernbeziehung.
„Bei Trennungen spielen Gefühle wie Kränkungen, Wut und Enttäuschungen sehr häufig eine dominierende Rolle", sagt Büschel. Diese Affekte müssten solide aufgearbeitet werden. Überhaupt sollten laut Büschel Paare ihre gemeinsamen Schwierigkeiten, die zu dem Aus geführt haben, sorgfältig analysieren und neue Ideen und Möglichkeiten miteinander besprechen und verhandeln - bevor sie wieder zusammen kommen. „Hier wäre eine Moderation eines Dritten sicherlich von großem Vorteil", rät der Therapeut.
Eine Garantie dafür, dass die neue alte Liebe funktioniert, gibt es aber nicht. Paartherapeut Büschel: „Menschen sind nun einmal nicht perfekt."
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